Das Muda-Konzept in Digitalisierung und Softwareentwicklung

Machen Sie Schluss mit der Fertigungs-IT-Feature-Folter

KISS und YAGNI – Wenn die Softwareentwicklung von der Fertigung lernt

In unseren anderen Beiträgen über das Muda-Konzept geht es in erster Linie um die Verschwendung im Fertigungsbereich. Verschwendung befindet sich aber nicht nur in der Fertigung, sondern auch in der Digitalisierung und vor allem in der Softwareentwicklung. Und nicht allzu selten ist Software zu allem Überfluss auch noch Teil des Problems. Das haben die Softwareentwickler natürlich nicht auf sich beruhen lassen. Und so hat man mit Konzepten wie KISS (Keep it simple stupid) und YAGNI (You aren’t gonna need it) nachgelegt bzw. sich heimlich was von der guten alten Fertigungs-Lehre abgeschaut.

KISS – Keep it simple and stupid

Beim KISS-Prinzip (Keep it simple, stupid) geht es darum, immer die möglichst einfachste Lösung für ein Softwareentwicklungs-Problem zu finden. Denn unnötige Komplexität bedeutet auch gleichzeitig einen erhöhten Wartungsaufwand der Software. Und diese warnenden Worte sind auch dringend nötig, denn die Verlockungen für Over Engineering, Programmier-Hacks und schöngeistige Architektur-Eskapaden lauern an jeder Ecke. Das KISS-Prinzip der Softwareentwicklung ist damit auch eine Ermahnung, die Verschwendung beim Entwicklungsprozess vermeiden soll und damit sehr viele Gemeinsamkeiten mit dem Muda-Konzept ausweist:

  • Unnötig kompliziert entwickelte Funktionen sind mit unnötigen Handgriffen bzw. Bewegungen vergleichbar.
  • Komplexe Softwarekomponenten sind fehleranfälliger als einfache Lösungen. Damit steigt das Risiko defekter Software-Lösungen – ganz klar eine Verschwendung.
  • Wird das KISS-Prinzip missachtet, steigt in der Regel auch die Entwicklungszeit und damit auch die Wartezeit beim Kunden.

YAGNI – You aren’t gonna need it, ja wirklich nicht!

YAGNI (You aren’t gonna need it) – zu Deutsch: du wirst es nicht brauchen – bezieht sich auf das Prinzip, Software nur dann zu entwickeln, wenn Sie auch wirklich gebraucht wird. Der Hunger kommt schließlich beim Fressen und häufig endet dies in wilden Feature-Orgien. Das treibt zum einen die Entwicklungskosten in die Höhe und verschlechtert zum anderen den Wert einer Software erheblich, da die Nutzer mit sinnlosen Informationen überschüttet werden:

  • Diese warten dann auf Informationen, die sie am Ende gar nicht brauchen.
  • Arbeitsverfahren und Prozesse dauern unnötig lange, da ggf. zusätzliche Arbeitsschritte eingeführt wurden, die jedoch keinen Mehrwert haben.
  • Informationsbeschaffung und Orientierung dauern einfach länger, weil der Nutzer sich erstmal ewig auf der grafischen Oberfläche zurechtfinden muss.

Das YAGNI-Prinzip soll vor allem Softwareentwickler, aber auch die Vertreter der Kundenseite, wie z.B. Digitalisierer, Industrial Engineers und Manager, in ihrem Eifer bremsen, Features ohne Prüfung des praktischen Mehrwerts entwickeln zu lassen.
Hier tritt das Muda-Konzept noch deutlicher zu Tage:

  • Insbesondere die Bereitstellung von überflüssigen Informationen, z.B. in Form von virtuosen statistischen Auswertungen, Analysen und vollgestopften GUIs hat bereits bei Taiichi Ohno, dem geistigen Vater des Toyota-Produktions-Systems, für Stirnrunzeln gesorgt. Schließlich handelt es sich eindeutig um Überproduktion.
  • Auch überflüssige Features führen zu unproduktiven Wartezeiten – also besser vermeiden.
  • Außerdem enden unnötige Software-Komponenten auch immer in Entwicklungszeit, die woanders vielleicht eher gebraucht wird – ähnlich zu überflüssigen Bewegungen.

Was für die Fertigung gilt, gilt somit auch in der Softwareentwicklung: Lassen Sie nur das entwickeln, was für Ihren Anwendungsfall auch wirklich gebraucht wird und einen Mehrwert bringt – und wirklich nur dann. Just-In-Time, ums mal im Toyota-Jargon zu sagen.

Schlanke Software = schlanke Produktion

Das Muda-Prinzip bzw. die Beseitigung von Verschwendung sollte also in das Repertoire eines jeden Digitalisierungsverantwortlichen, Industrial Engineers, aber auch Softwareentwicklers gehören – vor allem in der Fertigungs-IT. Denn wir leben nun mal im digitalen Software-Schlaraffenland. Es gibt Unmengen an Technologien, Standard-Lösungen, z.B. für MES-Software, und damit auch einen Überfluss an Features, an dem wir uns dick und rund fressen können – um mal bei dem Bild zu bleiben.
Aber haben die Hersteller dieser Lösungen jemals einen Blick in Ihren Fertigungs-Betrieb geworfen? Haben sie mit Ihren Mitarbeitern gesprochen? Kennen diese Hersteller Ihre Arbeitsgänge und Arbeitsverfahren? Sollte eine Software nicht individuell zur Produktion passen und nicht die Produktion zur Software? Einfach nur Prozesse eines Software-Herstellers, z.B. eines MES-Anbieters, zu übernehmen, kann Sie davon abhalten, sich ständig und vor allem in Ihrem eigenen Tempo zu verbessern. Denn ab dem Zeitpunkt, ab dem Sie eine solche Lösung in Ihre Fertigungs-IT übernehmen, müssen Sie sich an die Spielregeln des Softwareanbieters halten. Vor allem aber fehlt Ihnen damit eines: Der Entwicklungsprozess. Die Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit in der Fertigung, die tatsächlichen Arbeitsabläufe, die kleinen menschlichen Macken, die eine gute Software abfangen muss – kurz die Frage nach den Funktionen und Aufgaben einer Software-Lösung, die einen wirklichen Mehrwert ganz konkret in Ihren Fertigungshallen liefern soll. Und mit dem Fehlen einer ernsthaften Auseinandersetzung der eigenen Produktionsrealität ist auch die digitale Verschwendung im wahrsten Sinne des Wortes vorprogrammiert:

  • Features die keiner braucht.
  • Lizenzkosten für eine Software, die unnötige Rechnerressourcen frisst.
  • Zeitverschwendung, die entsteht, weil man alles mal ausprobieren möchte, statt sich auf seine Arbeit zu konzentrieren.
  • Verwirrte Mitarbeiter, die am Ende doch wieder ihre eigenen Excel-Tabellen benutzen, weil man im Formular und Menü-Dickicht nicht mehr durchblickt.

Klingt ziemlich nach Verschwendung. Kein Wunder, dass besonders in der Industrie viele Unternehmen auf die Vorteile von Individualsoftware setzen. Die können Sie nämlich ungestört über Jahrzehnte ständig verbessern und um Ihre eigenen Erkenntnisse aus der Fertigung erweitern – ohne, dass irgendein externer Standard-Software-Hersteller maximalinvasiv sich in Ihre Fertigungsprozesse einmischt oder gar teuer bezahlte Anpassungen großzügig an die Konkurrenz verteilt.

Fangen Sie also an, Ihre Fertigungs-IT selbst in die Hand zu nehmen, nach Ihren Vorstellungen zu gestalten und die digitale Verschwendung zu beseitigen.
Und nur für den unwahrscheinlichen Fall, dass Sie nicht wissen, wo Sie anfangen sollen, gibt’s ja noch uns. Und sich selbst ein Bild von den Möglichkeiten der Softwareentwicklung zu machen, ist ja nun wirklich keine Zeitverschwendung.

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